Nächstes Werk: Chile
In einer speziellen Nische für verbesserte Produktionsprozesse zu sorgen ist das, was dem Tanzer Maschinenbau eine steile Wachstumskurve beschert. Inzwischen baut das Lananer Unternehmen immer häufiger schlüsselfertige Produktionsanlagen auf der ganzen Welt.
Lana – Jahr für Jahr Umsatzzuwächse von über 20 Prozent – davon können etablierte Unternehmen in Zeiten wie diesen nur träumen; heuer werden es 13,5 Millionen Euro Umsatz. Was ist es, was Tanzer Maschinen diesen Erfolg beschert? „Es gibt zwei primäre Gründe“,sagt Unternehmer Peter Tanzer. „Einmal haben wir es verstanden, die Probleme unserer Kunden genau zu analysieren und dafür wirksame Lösungen zu entwickeln, so dass ein klarer Nutzen entsteht, der sich in der höheren Produktivität des Kunden niederschlägt. Der andere ist unsere Fähigkeit, mit anderen Marktteilnehmern zu kooperieren, um Synergien auszuschöpfen.“
Tanzer Maschinenbau gewann 2009 den TIS Innovation Award, vor drei Wochen hat das Unternehmen einen Auftrag über 4 Millionen Euro an Land gezogen. Er besteht in der Lieferung einer kompletten Anlage, die Mehrwegklappkisten für den Transport von Obst und Gemüse öffnen und für die Wiederverwertung behandeln sowie beschädigte Steigen ausstößt. „Der Flaschenhals in den früheren Anlagen unserer Kunden bestand im schnellen Öffnen der Klappkisten und dem Aussortieren der fehlerhaften Steigen“, erklärt Tanzer. „Unsere Anlagen sind in der Lage, ohne Produktionsstillstand defekte Kisten zu erkennen und auszusortieren. Und wir arbeiten inzwischen an noch schnelleren Maschinen, die dennoch prozesssicher sind.“ Tanzer Maschinenbau ist inzwischen zum Spezialisten für diesen Nischenmarkt avanciert – vor zwei Jahren hat das Unternehmen seine erste Komplettanlage für Europoolsystem in Bornheim bei Köln geliefert und aufgestellt– Lieferwert fast drei Millionen Euro. Die Nachfolgeaufträge in Hannover und der Tschechei bestätigte den Lananern, dass sie mit ihrem Leistungen richtig liegen. Inzwischen hat Tanzer für einen anderen Mehrwegsystembetreiber ein Teilwerk in Spanien der Bestimmung übergegeben; mit diesem steht er nun in Verhandlung wegen eines weiteren Werkes. Und nun der Auftrag über vier Millionen Euro in Chile: „Die Chilenen sind die einzigen Mehrwegsystembetreiber in ihrem Land. Sie haben das Werk unseres Kunden in Bornheim gesehen und das hat sie überzeugt“, so Tanzer. Mitte 2014 wird geliefert. Die Risiken, die mit einem solch großen Auftrag zusammenhängen, fürchtet der Unternehmer nicht: „Inzwischen haben wir Erfahrungen mit solch großen Aufträgen gesammelt– auch von der finanziellen Seite her sind wir abgesichert.“ Zur Kooperationsfähigkeit von Tanzer: „Wir sind vor zwanzig Jahren mit der Firma Frutmac GmbH aus Lana, sprich mit Erwin Troger eine Kooperation eingegangen, die Handschlagqualität hatte und keine großen Verträge gebraucht hat – und noch heute stellen wir im Jahr mehr als 50 Obstverpackungsmaschinen für die Frutmac her. Und vor allem schöpft jeder aus der Erfahrung des andern!“ Einen weiteren bedeutenden Partner hat Tanzer im Unternehmen Colussi Ermes aus Pordenone gefunden, der spezialisiert ist auf die Reinigung der Mehrwegklappkisten. „Colussi Ermes war es, der eigentlich den Chilenischen Auftraggeber kannte, und weil wir für die schlüsselfertigen Werke gemeinsam liefern, unterstützen wir uns gegenseitig am Markt“, erzählt Tanzer. Nicht zufällig ist Tanzer Maschinenbau auch Mitglied des Exzellenznetzwerk Leaders, das branchenübergreifendes Denken und Synergien zwischen Südtiroler Unternehmen fördert. Während Tanzer Maschinenbau noch vor fünf Jahren stets unter Mitarbeitermangel litt, weil der Markt der Metallfacharbeiter in Südtirol umkämpft war, findet er inzwischen wieder leichter qualifizierte Mitarbeiter – lediglich in der Entwicklungsabteilung bräuchte es noch Maschinenbauingenieure mit Erfahrung und Sprachenkenntnissen. Tanzer spricht selbst inzwischen fließend Englisch. „Für manche Tätigkeiten wie Elektro- oder Schlosserarbeiten haben wir eigenständige Handwerksbetriebe engagiert. So können wir flexibler auf die Marktanforderungen reagieren“, meint Tanzer. Seit Jahren problematisch hingegen ist für den Unternehmer, dass sein Firmensitz samt Produktion aus allen Nähten platzt. Er hat vor zwei Jahren begonnen, einen Gewerbegrund in der Nähe seines Sitzes zu suchen, er fand aber bisher nichts Passendes. „Ich muss um sechs bis achttausend Quadratmeter erweitern, weil wir zurzeit gezwungen sind, die Produktion mancher Komponenten auszulagern, was schade ist“, beklagt der Unternehmer. Vor allem sei es ein logistisches Problem, die Teile zuletzt zusammenzufügen. „Wir wollen nicht den Standort verlassen müssen, denn meine Mitarbeiter leben alle im Einzugsgebiet von Lana.“ Tanzer hat eine Fläche in Aussicht und hofft nun, dass das neue Landesgesetz eine Umwidmung möglich macht. Seine Vision für die Zukunft? „Wir wollen weiterhin durch ein tiefes Verständnis der Produktionsabläufe unserer Kunden, auch aus anderen Branchen, Anlagen liefern, die immer effizienter und effektiver sind.“ Diese Vision sei zwar dadurch gebremst, dass sein Betrieb zu klein geworden ist. „Aber ich bin sicher, dass der Gemeinde ihre erfolgreichen Unternehmen nicht im Regen stehen lässt“, meint Tanzer zuversichtlich.
Südtiroler Wirtschaftzeitung 2011